Wer etwas zu sagen hat, macht den Mund auf. Oder stylt sich eine besondere Frisur. Haare waren schon immer ein Ausdrucksmittel, um den eigenen Charakter, den Stand oder sogar eine politische Botschaft auszudrücken. Was in der Antike begann, ist auch heute noch unverändert. Auch wenn die Botschaften, die wir mit unseren Haaren senden, individueller geworden sind.
Das eigene Haar als Zeichen von niederem Stand
Früher ließe sich an den Haaren der Stand einer Person erkennen. Schon im Alten Ägypten trugen hochgestellte Persönlichkeiten Perücken. Bauern und niedere Chargen mussten barhäuptig gehen. Je üppiger die Perücken, desto hochgestellter waren ihre Träger. Diese Tradition setzte sich im Barock und Rokoko fort, wobei hier weißgepuderte Perücken in immer abenteuerlicheren Ausformungen und Höhen zur Mode wurden. Je natürlicher in der Vergangenheit eine Haarpracht war, desto ärmer, bedeutungsloser und liederlicher erschien ihr Besitzer. Denn bares Haupthaar in der Öffentlichkeit war ein Zeichen eines gotteslästerlichen Lebens.
Haare und Religion
Religiöse Zugehörigkeit lässt sich dabei bis heute durch die Frisur ausdrücken. Während die mönchische Tonsur der Christen langsam in Vergessenheit gerät, rasieren sich buddhistische Mönche den Schädel, während strenggläubige Juden keinerlei Schnitt erlaubt ist. Der Tanz ums Haar nahm mitunter auch groteske Züge an. So galten rothaarige Frauen als Hexen, was heute positiv umgemünzt wird. Frauen färben sich rote Haare, um Stärke, Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Das Auszupfen der Stirnhaare für eine hohe Haarlinie, wie es in der Renaissance praktiziert wurde, gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an.
Frisuren als Protest
Leider sind auch die Zeiten, in denen man mit einer Frisur ein politisches Statement abgeben konnte, so ziemlich vorbei. In den Goldenen Zwanzigern schnitten sich Frauen die Haare zum Bubikopf, um ihre politische Emanzipation zu unterstreichen, in den Siebzigern wallten die Mähnen als Zeichen der freien Liebe. Punks zeigten mit Irokesenschnitten und rasierten Seiten der Konsumgesellschaft den Finger und die Raver der Neunziger läuteten mit Neonhaaren das Spaßzeitalter ein.
Haare als individuelle Botschaft
Heute schockt man mit seiner Frisur wohl kaum noch jemanden. Aber das Haupthaar ist so zu einem ganz individuellen Zeichenträger für den Besitzer geworden. Er kann durch Farbe, Form, Schnitt und Länge viel über seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Subkultur oder auch einfach zu seiner aktuellen Gefühlslage sagen. Dennoch kann man mit Haaren immer noch ins gesellschaftliche Fettnäpfchen treten. So wirken etwa traditionelle Flechtzöpfe, wie sie in vielen Ländern Afrikas und der Karibik getragen werden, an sonnenverbrannten Urlauberinnen mit sehr hellen Haaren meist äußerst deplatziert.